365 neue Tage

Heute ist Zukunftstag, unter­des­sen im Herbst 2024. Auf Facebook könn­test Du Fotos sehen von wiss­be­gie­ri­gen Kindern und enga­gier­ten Erwachsenen. Jener Text, «Die Beschenkte», ist nun sie­ben Jahre alt – und das Kulturhaus Kosmos gibt es nicht mehr. Am 5. Dezember 2022 hat­te ich Dir geschrie­ben, «sie sind hüt mor­ge vor ver­schlos­se­ne tüüre gschtan­de». Dies hat­te mir eine ehe­ma­li­ge Mitarbeiterin des Buchladens im 1. Stock geschrie­ben. Die Kosmos-Kultur AG war insol­vent. 71 Mitarbeitende hat­ten von einem Tag auf den ande­ren ihre Stelle ver­lo­ren – und wir einen belieb­ten Ort fürs Verweilen und Stöbern in schö­nen Büchern.

Bruno Deckert, Gründer des sphè­res und Mit­erfinder des Kosmos in Zürich ist im Januar die­ses Jahres auch von uns gegan­gen – wie so viel, wie so vie­les in die­sen lan­gen sie­ben Jahren.

Das klei­ne, fei­ne sphè­res im Haus «zürich­pa­ris» beim Escher-Wyss-Platz ist aber hier – und bleibt hof­fent­lich noch lan­ge hier. Dort war am Montag die Rede von 365 neu­en Seiten von dir! Es ist ein Journaling-Kalender mit Schreib­impulsen für die täg­li­che Auszeit. Ein sehr gut erdach­tes Werk von Jrene Rolli und Andrea Keller. «Mach die­se Box zu dei­nem Schatzkästchen!», schrei­ben sie mit Begeisterung.

Ich mache dar­aus 365 neue Tage!

«Wer täg­lich kurz inne­hält und in sich hin­ein­horcht, lernt sich selbst bes­ser ken­nen, stärkt Selbstwahrnehmung und Resilienz.» Und «wer der rau­schen­den Schnelligkeit des Lebens mit Musse etwas Zeit für Notizen abtrotzt, gewinnt Lebensqualität.» Ich füh­le mich bestärkt, hier wei­ter­zu­ma­chen. Aufmunterung pur. Ich dan­ke herz­lich.

Ein wenig hat mich ja am Montag auch der Neid gepackt. Mir kam vor, als wür­den sie dort auf der Bühne von mei­ner Idee spre­chen, von mei­nem «Schreibrausch». Aber was ist schon eine Idee? Als soge­nannt krea­ti­ver Mensch weiss ich, dass es kei­ne urei­ge­nen Ideen gibt. Ideen werden uns gege­ben, ein Geschenk der Natur. Wikipedia schreibt dazu:

«Der Ausdruck Idee hat all­ge­mein­sprach­lich und im phi­lo­so­phi­schen Gebrauch unter­schied­li­che Bedeutungen. Allgemeinsprachlich ver­steht man dar­un­ter einen Gedanken, nach dem man han­deln kann, oder ein Leitbild, an dem man sich ori­en­tiert. Die phi­lo­so­phi­sche Bedeutung wur­de in der Antike von Platon und dem Platonismus geprägt. In jener Lehre sind Ideen unwan­del­ba­re, nur geis­tig erfass­bare Urbilder, die den sinn­lich wahr­nehm­ba­ren Phänomenen zugrun­de lie­gen. Dieses Ideenverständnis wirk­te bis in die Neuzeit nach, doch erhielt der Begriff „Idee“ in unter­schied­li­chen phi­lo­so­phi­schen Richtungen ver­schie­de­ne Inhalte.»

Und so erscheint die­se Idee eben auch in unter­schied­li­chen Formen. Hier als Setting, das «defi­ni­tiv ein sen­si­ble­res Publikum braucht», wie S. am 25. Mai 2017 grad vor der Mittagspause per E‑Mail geschrie­ben hat­te. «Nichts für ungut, sehr herz­lich», stand dort auch noch. Gewünscht hat­te ich mir etwas kon­struk­ti­ve Kritik, nicht nur «nichts für ungut». Und nun also «365 neue Seiten von dir!» – Jrene und Andrea haben defi­ni­tiv einen Weg und eine klar fass­ba­re Form gewählt, die leich­ter zugäng­lich ist. Bravo!

Analog statt digi­tal, hat­ten die bei­den Frauen betont. Auch dies könn­te ich sofort mit­un­ter­schrei­ben.

Am 1. März 2017 hat­te mir M. geschrie­ben, «Du soll­test mal ein Buch schrei­ben». So ein Werk wäre dann ana­log. Aber A., die Verlegerin hat­te mir (auch vor lan­ger Zeit) im Garten gesagt, aus Briefen kön­ne man kein Buch machen.

Und dann erschien 2022 «Wir haben es nicht gut gemacht», der Briefwechsel zwi­schen Ingeborg Bachmann und Max Frisch. Also geht es doch. Von einem der bekann­tes­ten Briefwechsel der Literaturgeschichte ist die Rede. So ist das mit den Ideen, sie gehen schon; man (oder frau) muss sie nur in Bewegung ver­set­zen. 😉

Was mache ich nun mit der Aufmunterung, was mache ich mit den 365 neu­en Tagen? Für den ersten Tag des nächs­ten Jahres, der Neujahrstag ist ein Mittwoch, geben sie einen ersten, posi­ti­ven Impuls:

Wofür bedan­ken sich Menschen häu­fig bei mir?

Was ich jetzt schon weiss: Ich wäre sehr dank­bar für eine Reaktion auf mei­nen Brief, einen rich­ti­gen ana­lo­gen Brief, den ich Dir am Montag zuge­schickt habe. Ich bat Dich, mein Projekt zu unter­stüt­zen – nicht «Briefe an F.», son­dern das, was ich als die Idee hin­ter die­sem Schreibrausch beschrei­be. Dies habe ich Dir geschrie­ben, weil ich nun mehr Ressourcen brau­che, um kon­kret han­deln zu kön­nen – eine inni­ge Bitte an Dich.

Jrene hat­te ich am Montag ein Feedback ver­spro­chen. Dies hat­ten sie sich wäh­rend der Präsentation gewünscht. Also, sie­he oben, lie­be Jrene. Und in einem Wort: Bravo!

Mit lie­ben Grüssen, auch an Jrene und Andrea!  ▬

F. schreibt am nächs­ten Morgen …

Danke für den Tipp. Und: Kalender ist bestellt. 🙂
Liebe Grüsse

PS: Schön, dass du wie­der schreibst!