Grave with a View

Grave with a View ist wie­der ver­schwun­den. Ich bin fas­zi­niert von Social Media, von Facebook und Instagram, und ich zweif­le am Sinn. Doch gut, das Verschwinden des Bildes nach ein paar Minuten gab Anlass zum Ausstieg aus der Lawine. Wie damals, ich schrei­be jetzt für mich. Gedanken in Worte fas­sen, kon­zen­trie­ren, den Fokus wie­der fin­den und Dir damit näher sein.

Ich über­las­se Dir den Text, falls wir uns wie­der sehen, sonst nicht. Ein Vorhaben, beglei­tet vom Gedanken, ob ich dann fähig bin, die Absicht umzu­set­zen. Habe ich Dein Vertrauen miss­braucht? Habe ich Dich über­frach­tet? Bin ich mass­los, wie so oft? Wer gibt es vor, das Mass? Wie will ich mich ver­hal­ten?

«Wenn man etwas will, hat man Zeit dafür», hat­test Du geschrie­ben. Also neh­me ich mir die Zeit zum Dialog. Ich hat­te Dich ja gebe­ten, mich zu stop­pen. Ein Wort. Für den Fall, dass ich Dir auf die Nerven gehe, dass das “Brot” der Seele nicht gut bekommt. Du hat­test Dir gewünscht, was einem Mann durch den Kopf geht.

Mir ging durch den Kopf, etwas sei nicht ok, als ich jenen Engel sah. Ich habe Dich eben noch fröh­lich und humor­voll erlebt. Und jetzt? Heute? Bist Du hoff­nungs­voll, wie Du geschrie­ben hat­test? Bist Du glück­lich? Was geht ab bei Dir, fra­ge ich mich. Was küm­mert es mich?

«Er hät­te ja bereits eine Neue.» Konntest Du Dich tren­nen? Wo ist die Sehnsucht jetzt? Geht’s mich etwas an? Gibt es eine Verbindung zwi­schen uns, zwi­schen unse­ren Seelen? Oder bil­de ich mir Deiner Attraktivität wegen etwas ein? Bin ich ein altern­der Mann, der die Zuversicht sucht und pro­ji­ziert¿

Dieses ver­dreh­te Fragezeichen hat­te ich ver­se­hent­lich getippt und läch­le jetzt, weil ich mich wohl ein­fach wie­der mal zu ernst neh­me. Von der Freiheit, vom frei-sein hat­te ich geschrie­ben. Ich bin frei, zu den­ken, zu schrei­ben, was ich will. Wenn’s hilft, was soll’s? Ob es Dir Freude macht, Dir hilft oder was auch immer mit Dir tut, habe ich nicht zu ent­schei­den. Es geht mich nichts an. Ich lege Dir mei­ne Zeilen zu Füssen und Du bist frei, sie zu beach­ten – oder sie im “Raum” lie­gen zu las­sen. So ein­fach ist es. Eigentlich.

Aber ich über­den­ke. Es strengt mich an, und fas­zi­niert, wie Social Media. Ab und an fin­de ich Facebook über­grif­fig, quä­lend. Ja, es ist frei­wil­lig, sich dort auf­zu­hal­ten, mich in mei­nem Kopf auf­zu­hal­ten jedoch nicht, mich von der Anstrengung zu lösen, macht mir Mühe. «Einfach die Stöpsel rein, wenn es zuviel wird von aus­sen», hast Du gesagt. Und wie setzt man sie von innen, lie­be F.?

Ich fin­de Dich OK. Ich fin­de mich OK. Also, geht doch! Meine Frage, ob ich Dich schüt­teln dür­fe, hat­test Du spon­tan bejaht. Also, zwei­ter Anlauf, von wegen «Skala von eins bis zehn» – ich möch­te Dich umar­men. Schütteln muss nicht sein.

Und ich könn­te Dich ein­fach fra­gen, ob Du wie­der lesen willst. Isch doch easy. Ja, manch­mal ste­he ich mir selbst im Weg. Mal sehen, wie ich wei­ter­kom­me.

Ich mache mich auf den Weg in die Stadt. Menschen sehen. «Brot für die Seele». Später kann ich noch­mals schrei­ben, wenn es sein muss. Zeilen flies­sen las­sen.

Am Tag danach: Ich habe dar­an gedacht, mich bei Dir zu ent­schul­di­gen für den Überfluss. Muss ich mich ent­schul­di­gen für den “Rausch”? Andere sau­fen sich dumm und däm­lich ins Hoch oder hel­fen nach mit was weiss ich für Substanzen. Bei mir rei­chen offen­sicht­lich die eige­nen Hormone, um mich in die Euphorie zu ver­set­zen. Muss ich mich also ent­schul­di­gen für die Aktivität? Ich habe Dir weder Leid noch Schmerz zuge­fügt. Habs ein­fach über­trie­ben mit mir, ich für mich, für das Gleichgewicht. Der Gedanke kommt aus der Angst, von Dir ver­stos­sen zu werden. Angst ist ein schlech­ter Begleiter. Und wirst Du mich ableh­nen, so geht unser Planet nicht unter. Dass Du vor­sich­tig bist, weiss ich seit lan­gem. Ich habe weder Telefonnummer noch Adresse. Bei G. stand sie noch auf der Homepage, doch ich hat­te sie gross­zü­gig über­se­hen, mich an die Distanz gehal­ten.

Apropos Angst: Ich selbst hät­te es ohne pro­fes­sio­nel­le Unterstützung in mei­nem Leben nie geschafft. Bücher hat­te auch ich gekauft und immer wie­der über­flo­gen, all­zu rast­los war ich unter­wegs, viel zu dünn­häu­tig und spär­lich mit Selbstwert aus­ge­stat­tet. Der Samstagabend war doch ok, dann wur­de es schwie­rig für mich. Ich wür­de ger­ne wis­sen, was Deine Hormone so getrie­ben haben.

Können wir uns noch­mals sehen? Muss ich zurück?

Ob Du mir etwas schul­dig bist, hat­test Du ein­mal gefragt. Natürlich nicht, und ich Dir auch nicht. Ich habe Dir weder Leid noch Schmerz zuge­fügt, soll­te ich aber an Deinen Nerven gezerrt haben, Dir zu nahe gekom­men sein, so ent­schul­di­ge ich mich. Es war nie mei­ne Absicht, klar, aber bedacht zu han­deln, muss ja trotz­dem mög­lich sein.

«Wünsch dir einen schö­nen Tag! Auf dass der Nebel sich lich­tet!», schreibst Du unver­hofft. Danke! Irgendwann wer­de ich mei­ne Angst able­gen kön­nen. Das-Verlassen-Sein zu ver­dau­en ist nicht ein­fach, das ist mir bewusst.

Worte wie die­se sind heil­sam, bes­ser als jedes Buch!

Ich war damals 18 Jahre alt – es ist lan­ge her. Sie waren alle abge­hau­en. Der Vater tot, die Mutter in der geschlos­se­nen Psychiatrie – und der sie­ben Jahre älte­re Bruder? Überfordert? Ja, es gab wie üblich einen Paten und eine Patin. Scheinbar lie­be, erfolg­rei­che Menschen – aber kei­ne Sau hat­te sich um mich geküm­mert. Der eine wohl im Erfolgsrausch als Direktor, die ande­re – wie ich unter­des­sen von ihr erfah­ren habe – aus eige­ner Vertriebenheit aus der Ehe mit einem min­des­tens so erfolg­rei­chen Manager. Ergo: Erfolg macht blind.

Nach Deiner Nachricht hat­te ich geweint. Entlastung.

Gestern Abend war ich mit freund­li­chen Menschen zusam­men, in der Boutique in der Europaallee. Der Laden dient ja manch­mal auch als Veranstaltungsort. Shortbus wur­de gezeigt. Ich hat­te mir über­legt, ob Dir die­ser Film gefal­len hät­te. Von Beginn weg bis zum Schluss ging es um Sex, oft auch um schwu­len Sex. Alles haben sie gezeigt. Weisst Du, ich habs eher mit den fei­nen Tönen, wenn es um die kör­per­li­che Zuneigung geht!

«Weiblichkeit, sel­te­ner Fraulichkeit, adjek­ti­visch auch femi­nin, umfasst kul­tu­rell und gesell­schaft­lich der Frau zuge­schrie­be­ne Eigenschaften» – ich woll­te wie­der nach­le­sen. Ja, stimmt so. Ich fin­de Dich sehr weib­lich, im bes­ten Sinne weib­lich. Ein Weib. Eben kein Alphatier, son­dern ein Weibstier. Läck häsch Du mir gfal­le am Samschtig! Und einen Duft hat­test Du ver­strömt wie tau­send und eine Nacht. Was war es? Hat Dich gut geklei­det!

Der Nebel ist weg. Die Sonne macht mich leicht. Heute war ich früh auf. Schreiben ent­las­tet. Und Dir im Leben begeg­net zu sein, ist ein Geschenk.

Ich dan­ke den guten Geistern und wün­sche Dir einen fried­vol­len Tag!  ▬