Von den Dingen

Vier Uhr, schlaf­los ohne Müdigkeit. Sie schläft. Ich schmie­ge mich sanft an ihren Rücken. Kuss auf den Nacken – «denn das, was Du weisst, ver­än­dert das, was Du siehst»! Ich sehe sie, sie kommt auf mich zu, ich wage kaum, einen Schritt zu tun. Das Lachen, IHR Lachen huscht übers Gesicht. Ich bin pünkt­lich, es ist halb eins.

Ich weiss, dass sie es mag, pünkt­lich zu sein.

Wir hat­ten einen lan­gen Weg an jenem Samstagmorgen. Am Freitag kurz vor acht noch dies: «Falls es am Samstag ganz schö­nes Wetter ist, dann wür­de ich mich spon­tan mel­den. ok? Aber wirk­lich spon­tan…». Dann, am Samstag: «Bin eben erst auf­ge­stan­den und weiss nicht, ob ich doch noch etwas län­ger schla­fen soll. Hab grad so schön geträumt. Ich wer­de heu­te den Garten auf Vordermann brin­gen. Ich den­ke, es ist grad bes­ser, wenn wir uns nicht sehen. Ich möch­te kei­ne fal­schen Hoffnungen wecken. Ich ken­ne kei­nen Mann, der sich für mich inter­es­siert hat und mich nicht fal­len gelas­sen hat. Deshalb: Lieber nicht tref­fen. Ich hof­fe, du ver­stehst mei­ne Gründe! Falls nicht, frag nach!»

«Nein, ich ver­ste­he es nicht. Warum wohl – him­mel­herr­gott­noch­mal – hat­te ich ges­tern noch­mals geschrie­ben: “ich neh­me Dich ernst”! Hast Du eine Idee?… Und zum Schluss: Du machst schon auch ein wenig Hoffnung auf Freundschaft, wenn Du in Aussicht stellst, “bei beson­ders schö­nem Wetter”…» – Ja, wir hat­ten einen lan­gen Weg an jenem Samstagmorgen.

It was just like a movie. It was just like a song.
I was so scared to face my fears cau­se nobo­dy told me that she would be here.

Ich habe ihr von Dir erzählt. Von “Tauben flie­gen auf” und von der Uraufführung. Von L. und dem Spaziergang über die Kapellbrücke zu den 22 Büchern. In mei­nem steht jetzt: «Alles Gute für Ihr Schreibprojekt!» Es umarmt mich.

«Ich habe momen­tan das Gefühl, dass du die Realität etwas ver­zerrt siehst…»

I don’t care. Jetzt bin ich ange­kom­men. Ich bin zurück bei den Dingen. Sie nen­nen es “Austrittstag”, bes­ser wäre doch eigent­lich “Übertrittstag”? Von den Träumen, zurück zu den Dingen.

«Ich kann mir vor­stel­len, dass der Tag kommt, wo du wie­der klar siehst und merkst, dass es wirk­lich nicht auf Liebe hin­zielt und du dann so tief fällst, dass du mich am Ende zu has­sen beginnst. Ich wün­sche dir einen wun­der­vol­len Tag!»

I hate you, I love you. I hate that I love you.
Don’t want to, but I can’t put nobo­dy else abo­ve you.

Austrittsbericht vom 14. 03. (übri­gens: “Tag des Zuhörens”!). Diagnose nach ICD-10: Vd. a. F31.6 Bipolare affek­ti­ve Psychose, gegen­wär­tig gemisch­te Episode.

Es ist ein schö­nes Leben. Obwohl S. sagt, ich hät­te mit den gros­sen Buben gespielt. Ich bin ange­kom­men und alle sind sie hier. Miles hat wie­der Töne ange­schla­gen, ich ver­miss­te ihn, ihn und sei­ne Töne! Jetzt ein Bild statt tau­send Worte, den­ke ich. Sie schreibt: «Na, sieht doch ganz gemüt­lich aus! Es ist doch ein schö­nes Leben, oder?»

Noch zwei Tage. Geburtstag. Die zwei­te Geburt. Sprunghaft. Ich habe nie etwas ande­res behaup­tet. Ich wer­de sie nicht has­sen, denn «DU BIST SO, WIE DU BIST. DU BIST WUNDERBAR. Ich pfei­fe im Fall kreuz­wei­se auf Dinge, die “ein gewis­ser jemand immer zu sagen pfleg­te” – damit dies auch gesagt ist!»

Cause I don’t care about their dif­fe­rent thoughts.
Different thoughts are good for me…

«Ohhh doch, sie hat­te nach Tom Waits gero­chen, sonst hät­te sie nicht jene Blumen von Dir bekom­men!» Wunder gesche­hen selt­sam, den­ke ich. Rosen mag sie nicht, aber Tulpen. «Diese Steinschüssel ist der Hammer! Woher hast du die???» Und spä­ter: «Nun gut. Wenn das so ist, dann komm heu­te in mei­nen Garten! Halb eins?»

Am glei­chen Abend dann: «Gern gesche­hen! Hat mich gefreut! Herzlich, F.»

Ich bin ange­kom­men bei den Dingen: «Es freut mich sehr, dass Ihnen die Premiere so gefal­len hat. Wir waren am Premierentag jedoch etwas ‘über­rannt’ von Ihrem Engagement, das muss ich lei­der so sagen. Natürlich ist es eine schö­ne Idee mit den Büchern, Melinda selbst frag­te mich im Vorhinein nach dem Vorhandensein eines Büchertisches, den wir als LT jedoch nicht füh­ren. Jetzt lie­gen Ihre Bücher bei uns im Büro und ich wür­de Sie bit­ten, die­se wie­der abzu­ho­len, eine Abrechnung wird dann zu machen sein. Wann könn­ten Sie die Bücher mit­neh­men? Freundliche Grüsse, H.»

Du schreibst: «Ich dan­ke Ihnen für Ihre Anfrage und es freut mich, dass mein Interview bei Ihnen etwas aus­ge­löst hat. Wenden Sie sich doch bit­te an Herrn S. wegen der Tonspur! Alles Gute wün­sche ich Ihnen.»

Ich dan­ke Dir!  ▬