Mis Härz isch es Hotel

Hal­lo L.

«Lo & Leduc sind zurück auf der Büh­ne und lie­fern mal wie­der Songzei­len für die Ewig­keit» schreibt SRF 3 am 14. Febru­ar am Mor­gen in der Früh auf Face­book. Jetzt gibt es nicht nur drei B, son­dern auch drei L. – Lily, Lo & Leduc. Ich lie­be sol­che Zufäl­le. Zuge­fal­le­nes. Du fragst nach den drei B? Kannst Du Dich nicht erin­nern?

Brief, Brot und Blu­me. – F. kann Dir ein Lied davon sin­gen!

Eine Zei­le im neu­en Song hat es mir beson­ders ange­tan. «Mis Härz isch es Hotel». Klingt dort so leicht, trifft mich selbst aber hart. Ja, so kommt es mir vor, mit mir, Dir und unse­rem Härz. Willst Du das Video sehen?

Lo & Leduc – Mis Huus dis Huus

Ja, schön schwarz­weiss. Ich lie­be es. F. liebt es. Wir drei lie­ben es!

All­zu vie­le habe ich Dir zur Sei­te gestellt, bei Dir woh­nen las­sen! Ich war über­grif­fig, habe Dich über­frach­tet, hat­te auch hier kein Mass. War­um denn nur, fragst Du? Weil es Dich nicht gab, bewusst, mei­ne ich. Gespürt habe ich Dich ewig. Immer und immer wie­der. R. hat­te damals deut­lich dar­auf hin­ge­wie­sen. Wir bei­de hat­ten es gehört, ich war befan­gen, ich war nicht frei. Z. hat ges­tern nicht ver­stan­den, war­um ich mei­ne eige­ne Geburt noch­mals erlebt haben will, bewusst erlebt haben will.

Ich sei so sprung­haft. Er mache sich Sor­gen. Dabei hat­te ich ver­sucht, etwas von mei­ner Befrei­ung zu berich­ten, jetzt, da Du hier bist!

Sie erwäh­nen es. «I dem Huus da zahlt nie­mer Mieti.» Ich sei zu kurz gekom­men, sag­te er noch. Das stimmt so nicht ganz. DU bist zu kurz gekom­men. Jetzt wirst Du gehegt, gepflegt. End­lich. Du hat­test Geduld. Ich dan­ke Dir!

Ich wer­de also «den pen­nen­den Por­tier idr Lob­by i däm Fau­teuil» bestimmt aber freund­lich auf­we­cken und dazu ermah­nen, sei­nem wich­tigs­ten Job nach­zu­ge­hen: Nur Freun­de und Freun­din­nen in Obhut zu neh­men, nur jenen ein Gast­recht anzu­bie­ten, die Dich teil­ha­ben las­sen, die Dich nicht über­ge­hen oder gar zur Sei­te drän­gen. Kein leich­ter Job, ich weiss. Es wird mich for­dern, kann sein, dass ich wie­der Feh­ler mache. Ganz oben steht es aber nun bei den To-​dos.

Ich bin bei Dir!  ▬


Am Frei­tag, 17. März …

Lo  & Leduc am Geburts­tag kurz nach acht zu Gast bei M. – Ich dan­ke Euch!

10:21 schreibt stu­dio @ srf 3.ch :
«Lie­ber Y., so ein schö­ner Text! Glück­lich, wer sich dar­in wie­der­fin­det.
Herz­lich, M.»

Schmetterlingstraum

Guten Tag F.

Sha’s Feckel am Sax. Feckel for Lovers. Crush and more to muse on. Wun­der­ba­re Sound­wel­len. Span­nungs­bo­gen für nächt­li­che Schreibstun­de mit Emo­ti­on. Sach­li­ches ist per Post unter­wegs. Wird am Diens­tag zuge­stellt. Dir zuge­wandt!

Schläfst Du? Du bist auch ein Schmet­ter­ling! Muse sowie­so. Und nicht so, wie Du schreibst: Wenig­keit. Bahhh! Wo denkst Du hin? Es braucht Dich. L. braucht Dich im bes­ten Sin­ne. Nicht abhän­gig. Zuge­wandt. Bezug – und damit eben Bezie­hung im eigent­li­chen Sinn. Ein­ver­stan­den? Stil­le. Du schläfst.

Ich bin fern und in Gedan­ken nah. Du hast kei­ne Erwar­tung. Gut so. Ich bin frei. Ich bin auch ein Schmet­ter­ling. Ich fin­de dich sehr inter­es­sant, hat­test Du geschrie­ben. Ein Kom­pli­ment mit­ten aufs Gesicht.

…ohne dass ich eine roman­ti­sche Bezie­hung ins Auge fas­se.

Ein­ver­stan­den. Gut so! Ich bin frei. Nicht fas­sen. Wenn, dann berüh­ren. Das inne­re Auge denkt mit. – Ech­te Bezie­hung ist nicht roman­tisch. Momen­te sind roman­tisch. Das Stück heisst “Ven”. Schau Dir die Web­site an: http://sha-music.ch/

Ich fra­ge nicht. Es wird Dir gefal­len, schwarz­weiss. Wie Dei­ne Bil­der auf Insta­gram, die so direkt Dei­ne Emo­tio­nen zei­gen. Ich schrei­be sie hier aus dem Kopf, aus dem Herz, aus der See­le. Du zeigst Bil­der wie “Gra­ve with a View”. Es ist ver­schwun­den. «Ich war mehr als ent­täuscht, war wie in einem Schock­zu­stand», schreibst Du. Emo­ti­on, den­ke ich. Gar nicht so autis­tisch. Du bist viel­leicht doch ein Bezie­hungs­mensch. «Kommt drauf an, mit wem», hat­te ich ein­mal geschrie­ben!

Ich war im EXIL. Das Stück heisst “Du bist auch ein Schmet­ter­ling”. Erin­nerst Du Dich an jenes Gleich­nis, den Schmet­ter­lings­traum? «Zhuāng Zhōu träum­te, dass er ein Schmet­ter­ling sei, ein flat­tern­der Schmet­ter­ling, der sich wohl und glück­lich fühl­te und nichts wuss­te von Zhuāng Zhōu. Plötz­lich wach­te er auf: da war er wie­der wirk­lich und wahr­haf­tig Zhuāng Zhōu. Nun weiss ich nicht, ob Zhuāng Zhōu geträumt hat, dass er ein Schmet­ter­ling sei, oder ob der Schmet­ter­ling geträumt hat, dass er Zhuāng Zhōu sei.»

Wie lässt es sich mit dem ewi­gen Wan­del der «Din­ge» umge­hen?

L. ist nicht getrie­ben. Sie ist nicht im Rausch. Stil­le. Gut so! Denn: L. braucht Dich, wenn Du schläfst. Sie wird Dir erzäh­len, sie wird sich aus­tau­schen. «Das fän­de ich auch schön. Ich wün­sche Dir eine gute Nacht.» Einen Traum wün­sche ich Dir.

Herz­lich!  ▬

Blumen sind wie Sex

Guten Tag L.

Heu­te habe ich Dich das ers­te Mal in die­sen Man­tel gehüllt, mor­gens um fünf Uhr. K. hat­te ihn ganz über­ra­schend mit­ge­bracht. Ein Beben in der See­le, durch die See­le. Migrä­ne nach der Nach­richt von F., sie wür­de die­ses Wochen­en­de mit S. ver­brin­gen. Namen. Stell­ver­tre­ter, wie K. noch erwähn­te – oder die rich­ti­gen, ehr­li­chen Freun­din­nen, die es erst mög­lich machen? Vor einem Jahr habe ich Dich ken­nen­ge­lernt. Eben­so über­ra­schend, obwohl – gese­hen hat­te ich Dein Abbild im Les Hal­les, irgend­wann vor Jah­ren. Dann warst Du ver­hüllt, dann unbe­wusst nah – und irgend­wann, wenn auch nur für kur­ze Zeit, wie­der in der Stadt. Jetzt bist Du hier und sehr prä­sent. End­lich.

Ges­tern hat­te ich Dein Abbild gepflegt und trotz­dem dar­an gedacht, Dich mei­ner zu ent­le­di­gen. Jetzt bist Du hier. Ja, ich wer­de Dich bewah­ren. L. is for Lover. L. is Love. Frag­los. Innig. Umarmt und ein­ge­hüllt.

Ist F. eine Freun­din von Dir? Seid Ihr auch Schwes­tern, wie Y. am Diens­tag kurz vor dem Abschied erwähn­te? Ich wer­de Dich F. vor­stel­len. Es wird eini­ges erklä­ren, den­ke ich – obwohl ich ihr kei­ne Erklä­rung schul­dig bin; auch nicht nach all der bedin­gungs­lo­sen Zuwen­dung. Blu­men sind wie Sex, nur bun­ter, stand auf der Kar­te. So hät­te sie dies noch nie gese­hen… Auf der Ska­la von eins bis zehn war mein Satz doch ordent­lich mutig, den­ke ich. Und viel­leicht zeigt Short­bus, der Film, nicht Sex, son­dern die­se Lie­be, die es immer wie­der zu hegen und zu pfle­gen gilt!  ▬

Die Ausstellung

«Muss ich mich ent­schul­di­gen für den «Rausch»? Ande­re sau­fen sich dumm und däm­lich «ins Hoch» oder hel­fen nach mit was weiss ich für Sub­stan­zen – bei mir rei­chen offen­sicht­lich die eige­nen Hor­mo­ne, um mich in Eupho­rie zu ver­set­zen.»

In der Ein­lei­tung zur aktu­el­len Aus­stel­lung «Schreib­rausch» im Muse­um Strau­hof in Zürich ist kei­ne Rede von die­sen Hor­mo­nen. Sie the­ma­ti­siert vom 10. Febru­ar bis 7. Mai 2017 ein­drück­lich die Ver­bin­dung eksta­ti­scher Momen­te und lite­ra­ri­scher Inspi­ra­ti­on. Als «furor poe­ti­cus» exis­tiert seit der Anti­ke die Vor­stel­lung, dass wah­re Lite­ra­tur nur im Zustand rausch­haf­ter Ent­rü­ckung geschrie­ben wer­de. Die Kura­to­ren Andre­as Schwab und Magnus Wie­land woll­ten die­ses Phä­no­men in all sei­nen Höhen und Tie­fen aus­lo­ten.

Der Topos des «furor poe­ti­cus» fin­det sich in der Renais­sance wie im Genie­kult der Goe­the­zeit wie­der und erlebt ein erstaun­li­ches Revi­val in der Moder­ne, pro­mi­nent etwa bei Kaf­ka und Ril­ke. Und noch in unse­ren Tagen erzäh­len vie­le Autorin­nen und Autoren von der Erfah­rung eines «Schreib­rau­sches». Die Schil­de­rung aus­ser­ge­wöhn­li­cher Ent­ste­hungs­be­din­gun­gen gehört fast schon obli­ga­to­risch als Begleit­nar­ra­tiv zum lite­ra­ri­schen Text dazu.

Die Aus­stel­lung ver­folgt die ver­schie­de­nen Sta­di­en im Schreib­pro­zess: von der noto­ri­schen Blo­cka­de bis zu exzes­si­ven For­men der Gra­pho­ma­nie. Die Besu­che­rIn­nen sind ein­ge­la­den, in die fas­zi­nie­ren­de Welt dich­te­ri­scher Inspi­ra­ti­on ein­zu­tau­chen und den Rausch der Krea­ti­vi­tät in Schrift­bil­dern, Schreib­sze­nen und schrift­stel­le­ri­schen Selbst­aus­sa­gen zu erkun­den. Mit Expo­na­ten von Peter Bich­sel, Her­mann Bur­ger, Jean Coc­teau, Fried­rich Dür­ren­matt, Marie von Ebner-​Eschenbach, Jack Kerouac, Tho­mas Mann, Frie­de­ri­ke May­rö­cker, Mari­el­la Mehr, Paul Nizon, Meret Oppen­heim, Mar­cel Proust, Robert Wal­ser, Adolf Wölf­li u.v.m.

Damit es Kunst gibt, damit es irgend ein ästhe­ti­sches Thun und Schau­en gibt, dazu ist eine phy­sio­lo­gi­sche Vor­be­din­gung unum­gäng­lich: der Rausch.

Fried­rich Nietz­sche

Zum einen ist die Aus­stel­lung den diver­sen Schreib­pro­zes­sen und ‑prak­ti­ken gewid­met: Wie bringt man sich zum Schrei­ben? Was tun, wenn es nicht läuft? Die­se Fra­ge treibt Schrift­stel­le­rin­nen und Schrift­stel­ler seit jeher um. Und sie bedie­nen sich dabei ver­schie­de­ner Metho­den, um in Schreib­fluss zu gelan­gen, der sich dann bes­ten­falls bis zum Schreib­rausch stei­gern kann. Neben sub­stan­ti­el­len Ent­hem­mern wie Alko­hol, Opi­aten und ande­ren Sti­mu­lan­zi­en gibt es auch expe­ri­men­tel­le Tech­ni­ken, um ein gelös­tes Schrei­ben zu beför­dern – so zum Bei­spiel die «écri­tu­re auto­ma­tique» der Sur­rea­lis­ten oder das Cut-​Up-​Verfahren der Beat-​Literaten. Nicht zuletzt zie­len sol­che Expe­ri­men­te im Resul­tat auch dar­auf ab, durch die Tex­te selbst einen Rausch­zu­stand zu erzeu­gen oder min­des­tens eine rausch­haf­te Wahr­neh­mung zu simu­lie­ren.

Zum ande­ren beleuch­tet die Aus­stel­lung dann spe­zi­fi­sche Aus­prä­gun­gen rausch­haf­ten Schrei­bens: So schwie­rig der Anfang mit­un­ter auch sein kann – umso grös­ser ist die Eupho­rie, wenn das Schrei­ben plötz­lich wie von selbst läuft. Die Lite­ra­tur­ge­schich­te kennt zahl­rei­che Aus­sa­gen, die von sol­chen Momen­ten höchs­ter Pro­duk­ti­vi­tät spre­chen. Doch wie mani­fes­tiert sich der flüch­ti­ge Augen­blick des Rau­sches? Blitz­no­ti­zen, rand­voll beschrie­be­ne Blät­ter, ver­dich­te­te Tex­te oder hek­ti­sche Schrift­zü­ge, ellen­lan­ge Papier­rol­len und mehr­fach ange­kleb­te Manu­skript­strei­fen zeu­gen noch heu­te sicht­bar von der beson­de­ren Inten­si­tät beim Schrei­ben. Nicht immer ent­steht dabei Sinn­vol­les und Ver­ständ­li­ches. Der Rausch ist nur die eine Sei­te, auf ihn fol­gen oft zähe Stun­den der Über­ar­bei­tung.

Die Aus­stel­lung geht den Spu­ren und Geschich­ten solch rausch­haf­ter Schreib­mo­men­te nach und stellt schliess­lich auch die Fra­ge nach der Kehr­sei­te des Rau­sches: sei­ner läh­men­den Wir­kung sowie sei­ner patho­lo­gi­schen Sei­te bei zwang­haf­tem Schreib­ver­hal­ten.  ▬

Quel­le: www.strauhof.ch

 

Grave with a View

Gra­ve with a View ist wie­der ver­schwun­den. Ich bin fas­zi­niert von Social Media, von Face­book und Insta­gram, und ich zweif­le am Sinn. Doch gut, das Ver­schwin­den des Bil­des nach ein paar Minu­ten gab Anlass zum Aus­stieg aus der Lawi­ne. Wie damals, ich schrei­be jetzt für mich. Gedan­ken in Wor­te fas­sen, kon­zen­trie­ren, den Fokus wie­der fin­den und Dir damit näher sein.

Ich über­las­se Dir den Text, falls wir uns wie­der sehen, sonst nicht. Ein Vor­ha­ben, beglei­tet vom Gedan­ken, ob ich dann fähig bin, die Absicht umzu­set­zen. Habe ich Dein Ver­trau­en miss­braucht? Habe ich Dich über­frach­tet? Bin ich mass­los, wie so oft? Wer gibt es vor, das Mass? Wie will ich mich ver­hal­ten?

«Wenn man etwas will, hat man Zeit dafür», hat­test Du geschrie­ben. Also neh­me ich mir die Zeit zum Dia­log. Ich hat­te Dich ja gebe­ten, mich zu stop­pen. Ein Wort. Für den Fall, dass ich Dir auf die Ner­ven gehe, dass das “Brot” der See­le nicht gut bekommt. Du hat­test Dir gewünscht, was einem Mann durch den Kopf geht.

Mir ging durch den Kopf, etwas sei nicht ok, als ich jenen Engel sah. Ich habe Dich eben noch fröh­lich und humor­voll erlebt. Und jetzt? Heu­te? Bist Du hoff­nungs­voll, wie Du geschrie­ben hat­test? Bist Du glück­lich? Was geht ab bei Dir, fra­ge ich mich. Was küm­mert es mich?

«Er hät­te ja bereits eine Neue.» Konn­test Du Dich tren­nen? Wo ist die Sehn­sucht jetzt? Geht’s mich etwas an? Gibt es eine Ver­bin­dung zwi­schen uns, zwi­schen unse­ren See­len? Oder bil­de ich mir Dei­ner Attrak­ti­vi­tät wegen etwas ein? Bin ich ein altern­der Mann, der die Zuver­sicht sucht und pro­ji­ziert¿

Die­ses ver­dreh­te Fra­ge­zei­chen hat­te ich ver­se­hent­lich getippt und läch­le jetzt, weil ich mich wohl ein­fach wie­der mal zu ernst neh­me. Von der Frei­heit, vom frei-​sein hat­te ich geschrie­ben. Ich bin frei, zu den­ken, zu schrei­ben, was ich will. Wenn’s hilft, was soll’s? Ob es Dir Freu­de macht, Dir hilft oder was auch immer mit Dir tut, habe ich nicht zu ent­schei­den. Es geht mich nichts an. Ich lege Dir mei­ne Zei­len zu Füs­sen und Du bist frei, sie zu beach­ten – oder sie im “Raum” lie­gen zu las­sen. So ein­fach ist es. Eigent­lich.

Aber ich über­den­ke. Es strengt mich an, und fas­zi­niert, wie Social Media. Ab und an fin­de ich Face­book über­grif­fig, quä­lend. Ja, es ist frei­wil­lig, sich dort auf­zu­hal­ten, mich in mei­nem Kopf auf­zu­hal­ten jedoch nicht, mich von der Anstren­gung zu lösen, macht mir Mühe. «Ein­fach die Stöp­sel rein, wenn es zuviel wird von aus­sen», hast Du gesagt. Und wie setzt man sie von innen, lie­be F.?

Ich fin­de Dich OK. Ich fin­de mich OK. Also, geht doch! Mei­ne Fra­ge, ob ich Dich schüt­teln dür­fe, hat­test Du spon­tan bejaht. Also, zwei­ter Anlauf, von wegen «Ska­la von eins bis zehn» – ich möch­te Dich umar­men. Schüt­teln muss nicht sein.

Und ich könn­te Dich ein­fach fra­gen, ob Du wie­der lesen willst. Isch doch easy. Ja, manch­mal ste­he ich mir selbst im Weg. Mal sehen, wie ich wei­ter­kom­me.

Ich mache mich auf den Weg in die Stadt. Men­schen sehen. «Brot für die See­le». Spä­ter kann ich noch­mals schrei­ben, wenn es sein muss. Zei­len flies­sen las­sen.

Am Tag danach: Ich habe dar­an gedacht, mich bei Dir zu ent­schul­di­gen für den Über­fluss. Muss ich mich ent­schul­di­gen für den “Rausch”? Ande­re sau­fen sich dumm und däm­lich ins Hoch oder hel­fen nach mit was weiss ich für Sub­stan­zen. Bei mir rei­chen offen­sicht­lich die eige­nen Hor­mo­ne, um mich in die Eupho­rie zu ver­set­zen. Muss ich mich also ent­schul­di­gen für die Akti­vi­tät? Ich habe Dir weder Leid noch Schmerz zuge­fügt. Habs ein­fach über­trie­ben mit mir, ich für mich, für das Gleich­ge­wicht. Der Gedan­ke kommt aus der Angst, von Dir ver­stos­sen zu werden. Angst ist ein schlech­ter Beglei­ter. Und wirst Du mich ableh­nen, so geht unser Pla­net nicht unter. Dass Du vor­sich­tig bist, weiss ich seit lan­gem. Ich habe weder Tele­fon­num­mer noch Adres­se. Bei G. stand sie noch auf der Home­page, doch ich hat­te sie gross­zü­gig über­se­hen, mich an die Distanz gehal­ten.

Apro­pos Angst: Ich selbst hät­te es ohne pro­fes­sio­nel­le Unter­stüt­zung in mei­nem Leben nie geschafft. Bücher hat­te auch ich gekauft und immer wie­der über­flo­gen, all­zu rast­los war ich unter­wegs, viel zu dünn­häu­tig und spär­lich mit Selbst­wert aus­ge­stat­tet. Der Sams­tag­abend war doch ok, dann wur­de es schwie­rig für mich. Ich wür­de ger­ne wis­sen, was Dei­ne Hor­mo­ne so getrie­ben haben.

Kön­nen wir uns noch­mals sehen? Muss ich zurück?

Ob Du mir etwas schul­dig bist, hat­test Du ein­mal gefragt. Natür­lich nicht, und ich Dir auch nicht. Ich habe Dir weder Leid noch Schmerz zuge­fügt, soll­te ich aber an Dei­nen Ner­ven gezerrt haben, Dir zu nahe gekom­men sein, so ent­schul­di­ge ich mich. Es war nie mei­ne Absicht, klar, aber bedacht zu han­deln, muss ja trotz­dem mög­lich sein.

«Wünsch dir einen schö­nen Tag! Auf dass der Nebel sich lich­tet!», schreibst Du unver­hofft. Dan­ke! Irgend­wann wer­de ich mei­ne Angst able­gen kön­nen. Das-​Verlassen-​Sein zu ver­dau­en ist nicht ein­fach, das ist mir bewusst.

Wor­te wie die­se sind heil­sam, bes­ser als jedes Buch!

Ich war damals 18 Jah­re alt – es ist lan­ge her. Sie waren alle abge­hau­en. Der Vater tot, die Mut­ter in der geschlos­se­nen Psych­ia­trie – und der sie­ben Jah­re älte­re Bru­der? Über­for­dert? Ja, es gab wie üblich einen Paten und eine Patin. Schein­bar lie­be, erfolg­rei­che Men­schen – aber kei­ne Sau hat­te sich um mich geküm­mert. Der eine wohl im Erfolgs­rausch als Direk­tor, die ande­re – wie ich unter­des­sen von ihr erfah­ren habe – aus eige­ner Ver­trie­ben­heit aus der Ehe mit einem min­des­tens so erfolg­rei­chen Mana­ger. Ergo: Erfolg macht blind.

Nach Dei­ner Nach­richt hat­te ich geweint. Ent­las­tung.

Ges­tern Abend war ich mit freund­li­chen Men­schen zusam­men, in der Bou­tique in der Euro­pa­al­lee. Der Laden dient ja manch­mal auch als Ver­an­stal­tungs­ort. Short­bus wur­de gezeigt. Ich hat­te mir über­legt, ob Dir die­ser Film gefal­len hät­te. Von Beginn weg bis zum Schluss ging es um Sex, oft auch um schwu­len Sex. Alles haben sie gezeigt. Weisst Du, ich habs eher mit den fei­nen Tönen, wenn es um die kör­per­li­che Zunei­gung geht!

«Weib­lich­keit, sel­te­ner Frau­lich­keit, adjek­ti­visch auch femi­nin, umfasst kul­tu­rell und gesell­schaft­lich der Frau zuge­schrie­be­ne Eigen­schaf­ten» – ich woll­te wie­der nach­le­sen. Ja, stimmt so. Ich fin­de Dich sehr weib­lich, im bes­ten Sin­ne weib­lich. Ein Weib. Eben kein Alpha­tier, son­dern ein Weibstier. Läck häsch Du mir gfal­le am Sam­sch­tig! Und einen Duft hat­test Du ver­strömt wie tau­send und eine Nacht. Was war es? Hat Dich gut geklei­det!

Der Nebel ist weg. Die Son­ne macht mich leicht. Heu­te war ich früh auf. Schrei­ben ent­las­tet. Und Dir im Leben begeg­net zu sein, ist ein Geschenk.

Ich dan­ke den guten Geis­tern und wün­sche Dir einen fried­vol­len Tag!  ▬